Die Ruhe während dem Sturm

Kennt ihr das? Man befindet sich mental in einer sehr dunklen Phase und der emotionale Zustand ist im Keller. Auch wenn man keine Kraft hat, sammelt sich Energie an. Eine Energie bestehend aus Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und dem Verlangen nach eigener Ruhe? Bei mir bricht diese Energie dann irgendwann aus.  Entweder wenn ich mich dazu entscheide sie durch Blut an die Oberfläche zu bringen oder wenn mein Partner mit mir darüber redet und meine Tränen zu fließen beginnen. Bei zweitem schluchze ich nach einigen Minuten so intensiv, dass es sogar teilweise meine Atmung blockiert. Das Zittern durchfährt meinen ganzen Körper und ich vergrabe den Kopf im T-Shirt meines Freundes. Er redet mit mir. Redet mir gut zu. Langsam beruhige ich mich und wir können ohne aktivem emotionalen Stau über Probleme reden, die mich belasten. Im Vergleich zu davor, ist in diesem Moment nicht mehr alles schwarz, aber ist halt auch nicht bunt oder farbenfroh. Eher lässt es sich als eine Landschaft aus Grautönen beschreiben, die nun schärfere Akzente und einen erhöhten Kontrast bekommen hat. Dann reden wir und vieles scheint machbar. Es kehrt Ruhe in den sonst so tobenden Sturm ein. Lösungen werden gefunden – aber es löst das Problem nicht.

Das Problem ist nicht die fehlende Motivation in der Arbeit oder die Anforderungen des Studiums, meine Suche nach einem schlankeren Leben oder die chronische Pleite – es ist viel grundlegender. Etwas stimmt nicht. Und dieses Etwas kann leider nicht mit einem kurzen Gespräch aus der Welt geschafft werden.

Ich bin krank und wie ist es eigentlich bei physischen Krankheiten? Kaum eine wird durch einmaliges Handeln ohne Wirkzeit beendet. Wenn ich Rückenschmerzen habe, dann hilft eine Infrarot-Bestrahlung für kurze Zeit, aber ist der Rücken dadurch geheilt? Nein. Doch was tut man wenn die Wirkung nachlässt?

Genau diese Frage stelle ich mir immer wieder, wenn ich mich mental in dieser Phase befinde. Ist nun alles gut? Hält das jetzt ewig? Die Antworten kenne ich gut und zudem weiß ich, dass psychische Krankheiten so nicht funktionieren. Aber wie erkläre ich das anderen? Gestern haben wir über Lösungen gesprochen und morgen sehe ich sie schon nicht mehr. Wo liegt denn hier die Lösung? Man erkennt es, wenn man bedenkt, dass nicht die täglichen Aufgaben oder Anforderungen dieses Problem ausmachen, sondern es eben viel tiefer liegt. Und dieses Problem wird immer wieder an neuen Stellen hervortreten. Diese Woche ist es die Überforderung bei einer Prüfung und nächste Woche der Selbsthass wegen einer subjektiv nicht perfekten Figur – das Problem findet Wege. Sicher sollte man sich auch mit den laufenden Herausforderungen beschäftigen, aber das Gesamte wird man so nicht in den Griff bekommen. Mir ist das bewusst.

Deswegen frage ich mich öfter, ob das andere auch erkennen oder ich für sie einfach ein hoffnungsloser Fall bin. Personen deren zu Grunde liegendes Problem nicht so ausgeprägt ist und umgangssprachlich mental als gesund angesehen werden. Ist ihnen bewusst, dass es ein Auf und Ab ist und ich mich nicht nur einmal alle paar Monate psychisch miserabel fühle? Oder ist ihnen bewusst, dass ich die Gespräche schätze, ich dazu aber vielleicht morgen schon wieder keine Verbindung mehr habe?

Gerne würde ich einfach sagen… es ist nicht vorbei, ich werde mich in ein paar Tagen wieder so fühlen.  Danke für die Hilfe, das Auffangen meiner Tränen und das Anhören meiner aktuellen Probleme – für heute hilft es mir, aber es ist nicht vorbei…

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